Aus der Geschichte des Lehrstuhls für Elektrische Maschinen und Geräte und des Fachgebiets Energiewandlungstechnik
Die Drehstrom Kommutatormaschine
Wichtige Jahreszahlen
- 1890/91 Görges erfindet den Drehstrom-Reihenschlußmotor und den ständergespeisten Drehstrom-Nebenschlußmotor.
- 1905 Maschine von Siemens-Lydall und Scherbius.
- 1910 Läufergespeister Drehstrom-Nebenschlußmotor (Schrage-Motor)
Beschreibung
Einschränkungen in der Drehzahlstellbarkeit und der Wahl des Leistungsfaktors bei der Asynchronmaschine führten zur Entwicklung der Drehstrom-Kommutatormaschinen. In kurzer Zeit entstand eine Vielzahl von Varianten, die sich vor allem in selbständige Motoren oder sogenannte Hintermaschinen einteilen lassen, welche an die Schleifringe großer Asynchronmaschinen angeschlossen werden (Kommutatorkaskade). Hier wird nur eine kleine Auswahl der wesentlichsten Bauarten vorgestellt.
Allen Typen gemeinsam ist der von der Gleichstrommaschine bekannte Kommutatorläufer. Dieser Anker wird über drei bzw. sechs Bürsten je Polpaar mit Drehstrom gespeist. Der Kommutator entkoppelt die Drehzahl des Läufers von der speisenden Frequenz. In Bezug auf den über die Bürsten eingeleiteten Drehstrom erscheint die Ankerwicklung daher als eine im Raume stillstehende Drehstromwicklung. Bei Dreibürstenschaltung gleicht sie der Sternschaltung, bei sechs Bürsten einer Drehstromwicklung mit offenen Strängen. Die Achse dieser "stillstehenden Drehstromwicklung" kann durch Verstellung des Bürstenapparats verdreht werden. Dies erlaubt die Drehzahlstellung.
In der Ausführung als eigenständiger Motor besitzt die Drehstrom-Kommutatormaschine einen Ständer, der ebenso aufgebaut ist wie bei der Asynchronmaschine. Je nach Verschaltung von Ständer- und Läuferwicklung entstehen nun die unterschiedlichen Typen:
- Beim Drehstrom-Reihenschlußmotor sind Ständer- und Läuferwicklung in Serie geschaltet. Zwischen den beiden Wicklungen ist immer noch ein Transformator eingesetzt. So kann die Ständerwicklung auf höhere Spannungen und die Ankerwicklung entsprechend den durch die Kommutierung gegebenen Erfordernissen ausgelegt werden. Beim ständergespeisten Drehstrom-Nebenschlußmotor liegen die beiden Wicklungen parallel. Neben der Bürstenverstellung muß hier auch noch die Läuferspannung über einen Stelltransformator entsprechend dem Schlupf angepaßt werden.
- Der läufergespeiste Drehstrom-Nebenschlußmotor (Schrage-Motor) besitzt neben der an den Kommutator angeschlossenen Wicklung noch eine Schleifringwicklung. Letztere wird vom Drehstromnetz gespeist. Die Kommutatorwicklung und die Ständerwicklung sind über eine Sechsbürstenschaltung miteinander, aber nicht mit dem Netz verbunden. Dieses Konzept mag komplizierter erscheinen, benötigt aber keinen Transformator
Als Hintermaschine dient die Drehstrom-Kommutatormaschine der Einspeisung einer Sekundärspannung in den Läufer einer Asynchronmaschine, welche zum einen die Leerlaufdrehzahl und zum anderen die primärseitige Blindleistung einstellbar macht. Die größte Bedeutung als Hintermaschine erlangte wohl die Scherbius-Maschine. Ihr Ständer besteht aus ausgeprägten Polen. Entsprechend der Erregung durch ein Dreiphasensystem handelt es sich dabei immer um eine durch drei teilbare Anzahl von Polen. Entsprechend erhält die Ankerwicklung eine Zweidrittel-Sehnung.
Die Erfindung des Thyristors ermöglichte den Bau von Stromrichtern welche dieselben Aufgaben bei geringeren Ansprüchen hinsichtlich Wartung und Bedienung erfüllen. Seit ca. 1960 wurden daher die Drehstrom-Kommutatormaschinen immer mehr vom Markt verdrängt und haben ihre Bedeutung heute gänzlich eingebüßt.
Quelle: Bödefeld, Sequenz: Elektrische Maschinen, 8. Auflage 1971