Entwicklung eines theoretischen Workflows für Metabolic Engineering und seine Anwendung auf die Terpenoidproduktion in Escherichia coli (2015-2018)
Metabolic Engineering ist ein relativ neues Wissensgebiet im Bereich der Life Sciences, das anstrebt, effiziente zelluläre Fabriken zur Herstellung wichtiger chemischer Stoffe zu entwickeln. Ein vorgegebenes Zielmolekül kann entweder durch - bereits im zellulären Metabolismus - vorhandene biochemische Reaktionen produziert werden, oder der Stoffwechsel des Wirtmikroorganismus wird durch einen nichtinhärenten Stoffwechsel ergänzt, um die heterologe Produktion des Zielmoleküls zu ermöglichen. In den letzten Jahrzehnten hat die Anwendung mathematischer Ansätze zur Modellierung des zellulären Metabolismus zur Stamm- und Prozessoptimierung dazu geführt, dass das Metabolic Engineering sich von einer eher empirischen zu einer theoretischen und modellbasierten Wissenschaft gewandelt hat. Theoretische Workflows, die Hinweise auf die Einschränkungen und die korrekte Anwendung der vielen verfügbaren mathematischen Modellierungsansätze geben, sind jedoch immer noch selten. Zunächst wird gezeigt, wie mathematische Methoden zur Optimierung der Bernsteinsäurenproduktion in gentechnisch veränderten Stämmen angewandt wurden. Bernsteinsäure ist ein wichtiger Baustein, dessen biotechnologische Produktion in den letzten Jahren viel Beachtung gefunden hat. Aus dieser ersten Untersuchung leiten wir her, dass die direkte experimentelle Umsetzung von modellbasierten Vorhersagen hinsichtlich genetischer Modifikationen nicht immer erfolgreich ist. Einer von vielen Gründen hierfür ist die intrinsische Komplexität lebendiger Organismen, die durch verbreitete stöchiometrische Modelle nicht vollständig abgebildet werden kann. Darüber hinaus erschweren Inkongruenzen im Modellierungsprozess und die Umsetzung von Modellprädiktionen eine angemessene Bewertung der Vorhersagekraft aktueller Modellierungsansätze.
Dadurch angeregt, entwickeln wir einen theoretischen Workflow für das Metabolic Engineering, in dem die Möglichkeiten und Grenzen verschiedener Methoden herausgearbeitet werden. Der Workflow beschreibt die Anwendung nicht nur von stöchiometrischen Methoden wie Flux Balance Analysis (FBA), sondern auch von kinetischen Methoden, deren Verbreitung bislang durch Einschränkungen in Bezug auf die Modellparametrisierung und hohe Anforderungen an die Rechenleistung behindert worden ist. Bei der Entwicklung des Workflows wird besonderes Augenmerk auf die sogenannte metabolische Belastung gelegt, ein Phänomen, das in "beladenen" Zellen auftritt und durch die Verringerung sowohl der Biomasseausbeute als auch der kritischen Wachstumsrate für die Sekretion von Essigsäure gekennzeichnet ist. Der vorgeschlagene Workflow wird hauptsächlich hergenommen, um in silico Erkenntnisse zu generieren, die darauf abzielen, zukünftige experimentelle Arbeiten zur Optimierung der Taxadien-Produktion in Escherichia coli (E. coli) auf der Stamm- und Prozessebene zu leiten. Taxadien ist ein Vorläufermolekül für das Krebsmedikament Taxol; seine biotechnologische Produktion hat aufgrund der geringen Erträge des traditionellen Extraktionsprozesses aus der Rinde der pazifischen Eibe viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Zugleich mit der Entwicklung eines Taxadien-Produktionsstammes wird auch die gleichzeitige Verwertung von Glukose und Xylose durch E. coli untersucht. Unter Anwendung verschiedener Werkzeuge werden die metabolische Belastung und die Auswirkungen, die von der gleichzeitigen Zuckeraufnahme herrühren, bewertet, wobei insbesondere das Produktionspotential jedes Stammes im Mittelpunkt steht. Diese Analyse soll die Auswahl von Produktionsstammkandidaten zur weiteren Optimierung ermöglichen.
Damalige Projektbetreeung: Dr. Miguel Angel Valderrama Gomez